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DIE ZEIT DER KOPFSCHMERZEN HAT BEGONNEN
O YEAH, NICHT PAULUS, SAULUS HAT GEWONNEN!

Ja, die einen nun mit der Frage: Wie weiter? Um den Erfolg nicht gleich wieder zu versemmeln. Die anderen mit dem Problem, wie mit der Unberechenbarkeit vor der Haustür umgehen. Aus philosophischer Sicht freilich ist da grundständiger die Aufmerksamkeit dem wiederkehrenden Muster zuzuwenden.

Der Sieg ist den Torys wirklich nicht einfach in den Schoß gefallen. Labour eindeutig abgeschlagen. Die Wahl für den Brexit ist entschieden. Aus kontinentaler Sicht unbegreiflich, vom Wahlsystem her eigentlich nicht. Es haben sich einfach die gegnerischen Parteien mit Blick auf die Sache und den jeweiligen Eitelkeiten nicht unter einen Hut begeben. Dafür reichten Freundschaftsgefühle nicht aus, den Torys in ihrer Geschlossenheit Paroli zu bieten und dergestalt selber eine vereinte Stärke auf Zeit dem Gegner entgegenzusetzen.

Der Blick auf US-Amerika hilft weiter, ein bedeutsames Strukturmuster zu erkennen. Trump hat mit provokantem Auftritt in vulgärer Weise die Stufe zur Macht genommen, eine zureichende Wählerschaft für sich eingenommen, Republikaner auf Linie gebracht, Werte umgewertet und spielt in Fortsetzung die Rolle des Herrn der Welt, der schon den künftigen Despoten ahnen und die Welt nach seiner Pfeife tanzen lässt, tanzen lassen möchte.
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Aus westeuropäischer Sicht vieles unbegreiflich, dass die Demokraten als Opposition nicht schon längst dieses üble und verselbstständigte Aushängeschild Amerikas aus dem Felde geschlagen und angesichts so vieler disqualifizierender Momente keine überwältigende Wählerschaft hinter sich gebracht haben. Das herrische Image hier und der clowneske Tausendsassa da scheinen den Erfolg bei ihrem Publikum gepachtet zu haben. So scheint es. Indes es ist im Lager der Antagonisten der Mangel an Einigkeit. Eben über das Kleinklein nicht das größere Gemeinsame ohne Wenn und Aber anzuerkennen und in den Kampf um die Gunst der Wählenden einzubringen.

Machen wir uns nichts vor, wo schauen wir nicht, wir, die von außen auf andere schauen, auf Unmittelbarkeit, auf verwickelte Situationen, widerstreitende Akteure, zerstrittenes Publikum, auf schiedsrichterlichen Ausfall, auf ein aufgewühltes Hin und Her, kurz davor, dass es anders zur Sache geht. Fiebrig alle, auf erlösende Entscheidung hinaus, sei es auch nur ein glücklicher Zufall. Dergestalt geht es weiter. Immer dasselbe, nur anders. Und immer wieder durch gemeinverständliche Szenarienspiele unbelehrt. Stattdessen nachgestellte Geschichtsstücke, durchaus ehrlich gemeint, adressatengerecht für Bildungsphilister.

Frankreich flügellahm am Boden, zu neuer Höhe plötzlich ein entschlossener Wille, gegen das Parteiengestrüpp, bewegungsmäßig über zerstrittene und festgefahrene Parteienlandschaft hinweg, ein Phoenix-Erleben, der Obama-Erfahrung gleich: Yes, we can! Achillesferse der Demokratie, der Widerstreit von Geben und Nehmen, von Schönwetterzeit und Schlechtwetterzeit, von der Spruchweisheit geprägt: Der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein. Im Nachtrag: Auch nicht mit zu wenig Brot.

Wie halten Wladimir Putin, Xi Jingping ihre autokratische Machtstellung gegen oppositionelle Regungen erfolgreich? Was haben sie, was den oppositionellen Kräften in Bezug auf Macht – Charisma – Zusammenleben nicht gelingt? Hat doch was mit der Volksseele zu tun, nicht wahr? Als These gewagt: Es geht um den Zusammenhalt, der dem Dual von Protagonist und Antagonist zufolge in der Machtgruppe stärker ausgeprägter ist, sich geschlossen und entschlossen stark zu erweisen! Den Oppositionellen geht dieser Zusammenhalt ab, sich um der vereinten Stärke willen Abstriche von ihrem – ach, der hier und da so wichtigen Ecke und Kante – ja, von ihrem so hohen Selbstverständnis gefallen zu lassen.

Es ist plausibel, dass die Regierenden den Oppositionellen nicht die Amme einer Hilfe zur Selbsthilfe spielen, denn sie würden zu Recht meinen, dass gemachte Regierungsfehler für Kritik schon genug sind. In der Tat, wer auf allgemeinen Zusammenhalt hinaus ist, kann sich nicht davon selber in herausgeforderter Situation ausnehmen.

In meiner Schrift „Das geistige Tierreich. Werk der Vernunft“ habe ich der europäischen Einigungsbestrebung einen langen Anlauf über viele Generationen für die Verwirklichung gemeint zuerkennen zu müssen. Für eine transatlantische Konfundierung jedoch, für ein Pairing in der Weltpolitik habe ich nicht weniger als ein hoffnungsvolles Zeitfenster gesehen, um durch gegenseitige Stärkung Fortschrittskräfte auf dem Weg zu halten und voranzubringen.

Das Zeitfenster einer EU-USA-Konfundierung hat sich mit Trump geschlossen und eine völlig veränderte Weltlage hervortreten lassen. Zunächst die Notwendigkeit, dass die EU sich als eigenes Kraftfeld in seiner Selbstständigkeit herausarbeiten muss, um auch ein Partner für die USA auf Augenhöhe zu sein. In Weiterung dieses Zusammenwirkens den Einschluss Russland in die Wertegemeinschaft, vom historisch-kulturellen Hintergrund her. Sozusagen der westliche Kulturstrang, dem die östlichen Weltkulturen mit Milliardenbevölkerungen und rasant steigender Gewichtigkeit gegenüberstehen.

Es befindet sich die gegenwärtige Welt im Umbruch. Gefahren des Klimawandel, neuer atomarer Unberechenbarkeit und sozio-ökonomischer Systemkollabierungen wie schlimme Völkerschicksale drohen die zivilisatorische Welt in eine Hölle von Unberechenbarkeit zu stürzen. Weltmächtige Stärke und Kraft ist gefragt, um einer menschenwürdigen Weltordnung des blauen Planeten die Verlässlichkeit für überlebensfähiges, rationales und vernünftiges Handelnkönnen ermöglichen zu können.

US-Amerika wird im Sinne von Leadership für die Geschäftsführerrolle überfordert sein. Ante portas: China. Es wird vermögensmäßig um viele Längen US-Amerika hinter sich lassen und es droht angesichts der Konkurrenz und Rivalität ein Riesendesaster der Welt, um in eine neue und ausbalancierte, tragfähige Weltordnung wieder hineinzufinden. Der Gedanke, der mich beflügelt hat, durch ein transatlantisch konfundiertes Pairing, um Russland erweitert, könne wie beim Schiff die Schwertfunktion der Weltordnung Stabilisierung verleihen, zeigt sich als zerbrechliches Gedankengebilde, nicht unmöglich, es zu verwirklichen, aber doch mit nur geringer Wahrscheinlichkeit. Es sollte nicht an Nachdenken darüber fehlen.

Das Unwahrscheinliche zeigt sich an Johnsons Wahlsieg und an der Niederlage seiner Opponenten. Gegen geschlossene Stärke Entschlossener und nicht vereinter Gegenkräfte flüchtet sich Volk an die Schultern der Starken und begibt sich letztlich auch willfährig in den Schoß der Machthabenden für bloßes Existieren können. Welche andere Wahl sollte auch noch in der Masse bestehen können?

Wir können heute wissen, dass China über genügend Macht verfügt, um sich zum neuen Geschäftsführer der Welt zu entwickeln und die USA abzulösen und wir werden mit dem statarischen Habitus Geordneter auf Weltordnung gebracht, chancenlos im blutigen Aufbegehren. Theoretisch stünde gegen China die erweiterungsfähige transatlantische Gemeinschaft. Doch es gibt die Erfahrung, wie viele Oppositionelle ohne Zusammenhalt kein wirkliches Gegengewicht für Entschlossene im geschlossenen Auftritt sind. Trump hat das kostbare Vertrauen mal so mir nichts, dir nichts gründlich erschüttert. Gegen China könnte eines ferneren Tages Indien im Behauptungskampf um seine Lebensinteressen stehen, bevor es zu einer gütlichen transhimalayischen Verständigung und Einigung kommt. Das alles in weiser Voraussicht im Sinne einer gemeinsamen Welt transatlantisch gedanklich zu fassen, um von höherer Warte der Koordinaten Einfluss zu nehmen und auszuüben, ist den gegenwärtigen horizontbefangenen und den im Positivismus ausgelieferten Köpfen versagt. Ein Bildungsversagen, das mit der Ideologiekritik das spekulative Kind der Zukunftsschau mit dem Schmutzbad ausgegossen hat. Man schaue in die öffentlich-rechtlichen Medien hinein. Bitter, bitter, was dort zu sehen und hören ist.

Zu den Kopfschmerzen, die einem EU-Bürgertum mit Blick auf den bevorstehenden Brexit kommen können, noch einmal:

GB ist Atommacht, ist nicht das kleine Israel oder der nützliche ‚Idiot‘ Nordkorea. Weltweite Interessen sind vor Verwicklungen nicht gefeit.

- GB befindet sich vor der EU-Haustür,
- ist wirtschaftlich ein Konkurrent
- und gegebenenfalls auch ein Rivale.
- Seit Trump und nun auch mit Johnson wissen wir um den Wahrheitswert, um die Verlässlichkeit ihrer

Worte bei allen Beteuerungen.


- Die atomare Option in lockerer Hand unberechenbarer Denke
- lässt vor Zangengriffen, was gemeinsame Sachen angeht, schaudern,
- natürlich nur wenn GB anfällig ist, aus der Bredouille heraus muss.
- Kooperationen GB – Russland,
- GB – Indien,
- GB – US-Amerika, einfach nur den Rücken freihalten.
- Wie erkennt sich die EU atomar und konventionell wieder?
- Steigerung der Verwundbarkeit in Potenz: AKWs, nicht nur!
- Mitspiel als Globalplayer in der Spitze hat hohen Preis und treibt das Risiko nach oben.
- Freiheit heißt auch, dass kein Zwang zum Mitspiel besteht. Bescheidener geht's auch.
- Gandhis gewaltloser Widerstand als mutige Alternative und Perspektive, um die „Episode Trump“ als Dissens der transatlantischen Wertegemeinschaft zu überstehen. Werteverankerung der USA ist substanzieller.
- Beendung des Rüstungswahnsinns setzt Mittel für ökologische Erneuerung der Wirtschaftsgesellschaften wie auch Solidarität mit den Schwachen und Hilfsbedürftigen der menschheitlichen Völkerfamilie frei.
- Eine ‚verschweizerte‘ EU (auch denkbar auf Zeit) kann starke Impulse in die Welt für die wichtigen Dinge des Friedens geben. Warum nicht?

 

Fürs Nachdenken mag’s ausreichen. Gemeint sind hier die Unmittelbaren, die im Schachspiel nicht über den fälligen Zug hinausdenken können. Für wirkliche Nachdenker jedoch sei hier nur noch der Hinweis auf spekulatives Denken gegeben. Gemeint ist antizipierendes Denken, eine Art Futurologie. Reeller gedacht, von welchen Problemen, Konflikten und Widersprüchen können wir aller Voraussicht nach zur Mitte des 21. Jahrhunderts ausgehen, um auf der Hut und gewappnet zu sein? Es wäre nicht zu viel verlangt, den Regierungen abzuverlangen, die Hosen runterzulassen, welche Zukunftsszenarien in den Hinterzimmern die Politik orientieren! Welche Lösungen ließen sich auf diese vorausgesehenen Herausforderungen konstruktiv geben? Beispielsweise Rohstoff-, Absatz-, Investitionsmärkte! Wie können wir schon heute und an welchen Vektoren entlang Bewusstsein schaffen und den Lösungszielen in die Arme arbeiten? Mir brummt der Schädel schon jetzt, wirklich, dafür die grauen Zellen weiterhin gegen die trägen Geister in Marsch setzen zu sollen.

Leider, leider. Die Sachen selbst werden uns von Mal zu Mal einholen. Hoffentlich dass es dann nicht zu spät ist.

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